09./10. Tag - Cairns
In der Stadt - am Great Barrier Reef



In der Stadt und am Great Barrier Reef

Den Strand säumt ein großzügiger Park mit viel Platz für die Besucher und die Vögel. Von Letzteren watscheln sogar einige der riesigen australischen Pelikane über die Wiese. Die ganze Stadt wirkt gepflegt und sauber, Grünanlagen, Straßen, Bauwerke, alles ist tadellos in Schuss. Neben Handel und Gewerbe für den lokalen Bedarf bieten vor allem die Fischerei, eine Bootswerft und die Zuckerfabrik Jobs und Einkommen. Die Erträge der Küstenfischerei sind aber seit kurzem stark rückläufig. Zur Landgewinnung holzte man die Mangrovenbestände weiträumig ab und ignorierte oder erkannte zu spät, dass damit die Kinderstuben der meisten Fischarten zerstört wurden. Als wirtschaftliches Rückgrat bleibt aber der Tourismus rund um das große Riff draußen vor der Küste. Mit Läden, Lokalen und Souvenirshops ist vor allem der Ortskern stark auf die Bedürfnisse der Gäste zugeschnitten. Reisebüros, Sportgeschäfte und Hotels organisieren aber nicht nur Ausflüge zum Riff. Mit Wanderungen im Tafelland, Busausflügen, Wildwasserfahrten und selbst Bungeejumping versucht man das Angebot auf eine breitere Basis zu stellen.

Mit der Ocean Spirit, einem Riesenkatamaran, sind wir herübergeschippert zu der winzigen Insel aus weißem Korallensand nordwestlich von Green Island. Ein verlorenes Fleckchen Erde in der blauen Unendlichkeit, nur spärlich begrünt aber fest im Griff tausender Vögel. Es sind Seeschwalben, vier verschiedene Arten, die sich in einer riesigen Brutkolonie die Sandkuppe teilen. Unsere Ankerkette umkurven in trägen Schleifen mehrere gut einen Meter lange Makrelen. Die warten auf die Abfälle des maritimen Buffets, das die Stewarts an Deck aufgebaut haben. Zunächst drängeln sich die meisten Gäste aber bei der Ausgabe der Tauchutensilien.

Wäre doch schlauer gewesen eine Neoprenjacke zu nehmen, auch wenn ich nur schnorchle. Das Wasser ist ziemlich kalt, das Riff aber umso beeindruckender. Schwämme, Gorgonien, Seeanemonen, Korallen. Dazwischen das geschäftige hin und her vieler, bunter Fische. Besonders faszinierend die Mördermuscheln (Tridacna) mit ihren martialischen Zacken an den Schalenrändern. Ich tauche zu einer besonders großen hinab und streichle mit gebotener Vorsicht leicht über den ausgestülpten Mantellappen des Tieres. Es fühlt sich angenehm an, wie ein ganz weicher Lederpolster. Die Muschel zeigt auch keine Reaktion. Erst nach einer weiteren Berührung schließt sie in einer langsamen, gleitenden Bewegung ihre mächtigen Schalen.

Cnidaria cubozoa, die Würfelquallen, tauchen hier erst im November auf und bleiben dann bis etwa April. An den nördlichen Küsten, vor allem um Darwin leben sie ganzjährig. Lange glaubte man dass sie auch in den Flüssen an der Nordküste laichen. Neuere Untersuchungen widerlegen das aber. Der Gedanke mag einigen Tourismusmanagern Angstträume bescheren, aber es verdichten sich die Hinweise, dass sich die Quallen zur Fortpflanzung alljährlich in einem noch nicht genau lokalisierten Areal irgendwo draußen im Great Barrier Reef versammeln. Seewespen, wie diese Quallen auch genannt werden, sind schnelle Schwimmer die ihre Beute mit hoch entwickelten Linsenaugen fokussieren und gezielt angreifen können. Die Attacke mit den Nesselzellen an ihren bis drei Meter langen Tentakeln lähmt eine Beute augenblicklich. Für Menschen bedeutet ein Kontakt meist in wenigen Minuten einen qualvoll Tod. Weinessig auf die Verletzungen gegossen blockiert zwar die Funktion noch aktiver Nesselzellen, bereits erfolgte Verätzungen können aber auch damit nicht mehr gemildert werden.

Zum Schluss noch der aktuelle, lokalen Aufreger: In der städtischen Kläranlage hat sich's ein großes Krokodil bequem gemacht. Es ist ein Salti, eines der unberechenbaren und wirklich sehr gefährlichen Leistenkrokodile (Crocodylus porosus). Das Tier gehört zu den geschützten Arten und darf folglich nicht einfach erschossen werden. Die Mitarbeiter versuchen nun seit Wochen recht erfolglos, das tonnenschwere Vieh einzufangen oder zur Weiterreise zu überreden.


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