13. Tag - Alice Springs
Robert O'Hara Burke - John McDouall Stuart
Ihre Süd-Nord-Durchquerungen Australiens



Robert O'Hara Burke
John McDouall Stuart


Robert O'Hara Burke
Der Preis war hoch. Die englische Regierung hatte ihn bereits 1858 ausgesetzt: 2.000 Pfund für den, der als erster Australien komplett von Süden nach Norden durchquert. Die Vorstöße in die Unendlichkeit der Wüsten und Salzpfannen im Inneren des Kontinents waren riskant. Glücksritter, Desperados, Abenteurer, zu allen Zeiten brachen sie auf, um jenseits der Berge, die das Landesinnere von der Küste trennen, ihr Glück zu versuchen. Sehr vielen kostete ihr Wagemut das Leben. Selbst gut ausgerüstete Expeditionen riskierten Kopf und Kragen bei ihren Vorstößen in die menschenfeindliche Wildnis. So starben der deutsche Forschungsreisende Ludwig Leichhardt [01] und seine sieben Begleiter als sie 1844 versuchten von Brisbane kommend das heutige Queensland zu durchqueren, um dann nordwärts durch das Arnhemland zur Küste vorzudringen. Leichhardt war ein umsichtiger Mann, und er führte schon mehrere Expeditionen mit zum Teil abenteuerlichem Verlauf. Aber diesmal kam weder er noch einer seiner Begleiter zurück. Die ganze Expedition ist bis zum heutigen Tage mit Mann und Maus verschollen.

John McDouall Stuart und Robert O'Hara Burke - 1860 nehmen zwei Männer die Herausforderung an. In getrennten Expeditionen und auf unterschiedlichen Trassen wollen sie erstmalig den Kontinent von der Südküste zum Indischen Ozean durchqueren [02] . Stuart verließ bereits im März Adelaide [03] mit dem Ziel Nordküste. Monate später, erst am 20. August, startet dann Burke [04] mit 17 Begleitern von Melbourne [05] aus seine Expedition. Vierspännige Planwagen, Reitpferde, eigens für sie aus Afghanistan importierte Kamele - sie sind gut gerüstet. Das Unternehmen steht aber von Anfang an unter einem schlechten Stern. Im Oktober erreichen die Männer Menindee, damals eine winzige Siedlung am Darling River, für die Karawane aber der letzte zivilisierte Platz v or dem großen Unbekannten [06] .Der australische Sommer steht vor der Tür mit Hitze, Staubstürmen und austrocknenden Wasserlöchern. Viele Teilnehmer, vor allem die afghanischen Kameltreiber, wollen sich zunächst erholen bevor sie sich weiter in diese glühende, völlig unbekannte Unendlichkeit wagen. Es kommt zu Differenzen zwischen dem aufbrausenden Burke und den Afghanen. George James Landell, Burkes Stellvertreter und Experte für Kamele, kehrt - wie auch der Botaniker Hermann Beckler - im Streit nach Melbourne zurück.

Burke entschließt sich mit einer kleinen Mannschaft vorauszugehen. Der Hauptteil der Expedition bleibt in Menindee zurück. Es sind nur noch fünf Männer die am 11. November am Cooper Creek [07] mit ihren Helfern das Lager aufschlagen. Sie wollen auf William Wright warten. Sie haben den im Busch sehr erfahrenen Mann bereits zwei Wochen vorher nach Menindee zurückgeschickt, um den Rest der Gruppe nachzuholen. Sechs quälende Wochen vergeblichen Wartens auf Wright veranlassen die Gruppe alleine weiterzumachen. Wilhelm Brahe, ein ehemaliger Goldgräber, soll im Lager zurückbleiben um auf die Nachhut zu warten.

Vier Kamele, ein Pferd, vier Männer und 1.000 km unbekanntes Land vor ihnen. Neben Burke sind es John King, William John Wills und Charlie Gray, die nun alles auf eine Karte setzen. Trotz Temperaturen bis 60 Grad kommen sie gut voran. Das Land ist topfeben und ohne nennenswerte geologische Hindernisse. Am 10.Februar 1861 stoßen sie auf einen Fluss - es ist der Flinders River - dessen Wasser salzig schmeckt. Sie nehmen das als Beleg kurz vor dessen Mündung in den Carpentariagulf zu stehen. Burke hat es mit seinem Hauruckstil tatsächlich geschafft, er ist der Erste. Stuart musste im Fernduell bereits abbrechen. Ein Blick auf das Meer ist den Männern aber nicht vergönnt. Sie versuchen es zwei Tage lang. Der Dutzende von Kilometern tiefe Mangrovengürtel, der die Küste lückenlos säumt, ist aber undurchdringlich. Am 12. Februar entschließen sie sich zum Rückweg. Ihre Situation ist angespannt. Sie gleicht der von Bergsteigern am Gipfel eines Achttausenders im Himalaja: Sie haben einen grandiosen Triumph er rungen, aber gewonnen haben sie noch lange nicht - sie müssen erst noch den Rückweg bewältigen. Und auf die kleine Gruppe in der tropischen Wildnis Nordaustraliens wartet eine qualvolle Hölle mit Hunger, Krankheit, Enttäuschung und Tod.

Die endlosen Ebenen, die ihnen den Hinweg in den vergangenen Monaten sehr erleichterten, haben zwischenzeitlich ergiebige Regenfälle in Sumpf und Matsch verwandelt. Der Marsch wird immer mühsamer. Ein Kamele verendet unter den Strapazen und ein zweites wandert in den Kochtopf als die Lebensmittel zur Neige gehen. Wenige Tage später schlachten sie auch das Pferd. Jetzt rächt sich Burkes Arroganz gegenüber den Aborigines die seit Jahrtausenden als Jäger und Sammler dieses Land bewohnen. Er lehnte es strickt ab, Eingeborene in seine Expedition zu integrieren, hat selber aber, um es neudeutsch zu formulieren, null Ahnung vom Outback. Ihre Versuche aus dem Land zu leben bleiben Stückwerk. Noch schlimmer, sie infizieren sich dabei mit Ruhr (Dysenterie). Die blutigen Durchfälle laugen die geschundenen Körper vollends aus. Am 17. April 1861 stirbt Charlie Gray. Vier Tage später erreichen sie zu dritt völlig erschöpft das Lager am Cooper Creek. Aber da sind keine Männer die ihnen entgegeneilen, keine Kamele und Pferde die sie tragen könnten. Der Platz ist verlassen. Da ist nur die Nachricht von Brahe: Er habe seit mehr als vier Monaten weder von Burke noch von Wright ein Lebenszeichen bekommen und deshalb das Lager geräumt. Auf dem Schreiben ist "die Tinte noch nicht trocken". Brahe hat es am Morgen des gleichen Tages hinterlegt. Sie verpassten sich nur um wenige Stunden. [08] Als Monate später die tragischen Umstände detailliert bekannt werden, sieht sich William Brahe schweren Vorwürfen und Anfeindungen ausgesetzt. Man machte ihn, wegen des verfrühten Abzugs offenbar auch zu Recht, für das tragische Schicksal der drei verzweifelten Männer in der Wildnis verantwortlich. Vor einer Untersuchungskommission gelingt es Brahe aber glaubhaft zu machen, dass er länger im Lager ausharrte als Burke und sein Stellvertreter Wills ihm aufgegeben hatten.

Burke, King und Wills beschließen sich entlang des Cooper Creeks nach Mount Hopeless durchzuschlagen, einer Polizeistation etwa 100 km nördlich des Lake Frome. Dieser Weg, ist zwar nur halb so weit wie die Anmarschrute zurück nach Menindee, führt aber durch völlig unbekanntes Gebiet. Anfangs kommen sie noch einigermaßen gut voran. Sie haben aber keine Chance mehr. Die letzten beiden Kamele gehen bald verloren, und die Nahrungsmittel werden knapp. Einige Tage versorgen sie Aborigines mit Fischen und Samenkapseln von Palmfarnen (Cycas spec.). Wieder alleine, besorgen sie sich die Palmfrüchte selber. Das tückische Nervengift der Pflanzen ruiniert aber ihre Gesundheit endgültig. Sie wissen nicht, dass die Ureinwohner die Kapseln erst durch wässern, kochen und rösten genießbar machen. [09] Am 29. Juni bleibt Wills völlig erschöpft zurück. Wenig später bricht auch Burke zusammen und stirbt am nächsten Morgen. John King kann und will nicht meh r weiter kämpfen. Er bleibt bei dem Sterbenden und kehrt nach dessen Tod zu Wills [10] zurück. Aber auch der hat die Nacht nicht überlebt. King selber wird dank einer glücklichen Fügung gerettet. Aborigines entdecken den ausgezehrten Mann und päppeln ihn wieder hoch. Er zieht mit seinen Rettern durch das Land, bis ihn am 13. September eine Suchmannschaft am Cooper Creek findet und nach Melbourne zurückbringt. Auch die Aufzeichnungen und Tagebücher Burkes werden gefunden und öffnen die neu entdeckten Landstriche den Pionieren, Siedlern, Prospektoren, Farmern und Spekulanten.

John McDouall Stuart
Nach einer ersten, kleineren Erkundung [11] und zwei gescheiterten Versuchen, die ihn beide bis zum siebzehnten Grad südlicher Breite führten, steht John McDouall Stuart [12] in einem dritten Anlauf am 24. Juli 1862 an der Nordküste des Kontinents. Erschöpft und von schweren Sehstörungen geplagt erreicht er mit seiner kleine Gruppe den Van Diemen Gulf in der Nähe des heutigen Darwin. Aber auch von Stuart wird der Rückweg noch die allerletzten Reserven fordern. Als er mit seiner Mannschaft - es überleben alle den Gewaltmarsch - Adelaide wieder erreicht, transportieren zwei Pferde den völlig entkräfteten Mann auf einer im Busch gebastelten Trage. Seine grandiose Leistung bringt Stuart großes Ansehen und auch wirtschaftlich hat er ausgesorgt. Etwa 10.000 Pfund an Honoraren und Prämien kann er aus seinem großartigen Erfolg ziehen. Den späten Reichtum so recht genießen ist ihm a ber nicht mehr vergönnt. Die Strapazen in der Wildnis haben seine Gesundheit so nachhaltig ruinierten, dass er sich nicht mehr erholen wird. Der erste Mann, der Australien von Süd nach Nord durchquerte und lebend wieder zurückkam, stirbt fünfzigjährig am 5. Juni 1866 in Nottingham Hill.

Stuarts Route ist deutlich länger als Burkes Weg zu den Mangrovensümpfen des Carpentariagulf. Für die Entwicklung des Landes erreichte sie aber die weitaus größere Bedeutung. Zunächst wird man eine Telegraphenverbindung [13]entlang seines Weges bauen, später den Schienenstrang von Adelaide nach Alice. Der "Stuart Highway", der heute als moderne Fernstraße die Südküste mit Darwin verbindet, folgt dieser Trasse ebenso, wie die am 02.02.2004 in Betrieb gegangene Verlängerung des Schienenstrangs von Alice Springs nach Darwin.


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