15. Tag - Alice Springs - im Red Center
Via Stuart Highway nach Curtin Springs



Via Stuart Highway nach Süden
Jim's Place
Camelfarm


Via Stuart Highway nach Süden
Es ist wie der Weg zum Anfang des Regenbogens. Das ebene Land hat kaum markante Punkte, und die Straße führt geradewegs an die Stelle, dort wo der Himmel die Erde berührt. Man fährt eine Stunde oder länger und nichts ändert sich. Die Straße sticht unverändert ins Nirgendwo. Irgendwann baut sich an der Sichtgrenze ein niederer Felsriegel auf, den man irgendwann auch erreicht. Er ist schmal, nur wenige Minuten, und es öffnet sich eine neue Ebene mit einer geraden Straße zu einer neuen Bergkette in der Ferne. Und dort dann ein neuer Horizont mit neuen Felsen oder auch ohne und dann noch mal das Gleiche und noch einmal. Irgendwann hört man auf mitzuzählen und irgendwann ist man dann plötzlich am Ziel.

Jim's Place
Dingos, die australischen Wildhunde, können nicht bellen und auch nicht mit den Ohren wackeln - dafür aber singen! Zumindest kann das der eine hier am Jim's Place, etwa 100 Kilometer Stuart Highway südlich von Alice Springs: "Oh when the saints go Marchin' in...". Der gelbe Kerl jault nicht nur ins Ungefähre, der hält die Melodie und den Rhythmus. Erst sein Solo mit Klavierbegleitung durch den Wirt. Dann übernimmt er mit einer Art Milchtritt selber die Tastatur und die beiden heulen ihren Song im Duett zur nun etwas dissonanten Musik. Im Roadhouses, pflegt man die Folklore von Pioniergeist und Abenteuer. Die Räume sind überladen mit Antiquitäten, Relikten und Reliquien der versunkenen Zeit. Hier trifft man auch die drahtigen Endvierziger samt Harley Davidson und schwerem Gepäck. Tagelang unterwegs in der menschenfeindlichen Wildnis, förmlich durchtränkt von rotem Staub der Pisten, tasten sie sich im großen Abenteuer Wüste in die Nähe ihrer körperlichen und mentalen Grenzen.

Camelfarm
Zum Haus gehören auch einige Emus und Kängurus in einem weitläufigen Gehege, außerdem eine professionell geführte Kamelfarm. "Camel" nennen die Australier ihre einhöckerigen Dromedare (Camelus dromedarius). Das ist zwar nomenklatorisch nicht korrekt, stört aber nicht weiter. Seitens der zweihöckerigen Trampeltiere (Camelus ferus bactrianus), den Inhabern der Rechte auf die Bezeichnung "Kamel", sind auch keine Einwände bekannt. Einige Proberunden reiten auf den Tieren gilt auf der Farm als beliebter Touristenspaß. Mehrtägige Ausflüge im Sattel eines dieser schwankenden "Wüstenschiffe" geraten dagegen schnell zum Abenteuer. Die wirtschaftliche Grundlage der Farm ist jedoch die Produktion von Schlachttieren. Kamelfleisch ist ein Exportschlager und auch im Lande sehr beliebt.

Ende der 1920er Jahre verloren die afghanischen Kameltreiber, die mit Karawanen bis dahin Alice Springs versorgten, ihre Transportaufträge an die neu gebaute Eisenbahn. Viele der nun überzähligen Lasttiere, die auch entscheidend am Bau des Schienenstranges mitwirkten, entließ man einfach in die Wildnis, in der sie prächtig gediehen. Inzwischen bevölkert mit etwa 600.000 Tieren die weltweit größte frei lebende Dromedarherde das Outback. Es sind starke, schnelle Tiere, die regelmäßig auf lokalen und arabischen Rennbahnen Triumphe feiern. Einige kleine Farmer und Einzelkämpfer haben sich auf den Fang wilder Tiere spezialisiert, die sie dann zureiten und weiterveräußern. Das Einfangen der Tiere ist mühsam und es dauert fünf, sechs Monate bis sie völlig gezähmt sind. Ab Farm kostet so ein Reitdromedar dann etwa 3.500 australische Dollar. 400 davon kassiert der Staat für jeden Wildfang. Das Geschäft ist schwierig, auch nicht grade eine Goldgrube und schon gar nicht geeignet die ausufernde Population einzudämmen. Die "Camels" werden langsam zur Landplage, es sind inzwischen einfach zu viele für das fragile Ökosystem Outback.

Mit den ebenfalls verwilderten südostasiatischen Wasserbüffeln (Bubalus bubalis) hatte man bis vor kurzem ein ähnliches Problem. Die Lösung war dann aber genial einfach: Man erklärte sie zu jagdbarem Großwild. Nun zahlen Jagdgäste mehrere 1.000 Dollar für den Abschuss eines der wuchtigen Rinder. Anders als bei Rotwild spielt es keine größere Rolle ob die Beute ein Bulle oder eine Kuh ist. Beide tragen in etwa die gleichen imposanten Hörner am Schädel. Der glückliche Schütze bekommt in jedem Falle eine prächtige Trophäe. Ob man den Weidmännern aber einen ausgestopften Kamelkopf über dem heimischen Kamin schmackhaft machen kann? Wird wohl nicht klappen. Da wird sicher über kurz oder lang der Staat mit Abschussprämien locken müssen - die Viecher haben aber auch ein dämliches Gesicht!


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