17. Tag - Alice Springs - im Red Center
Kings Canyon im Watarrka Nationalpark



Kings Canyon


Der Canyon, eine mächtige Kerbe in der Landschaft, gilt als eine der großen Attraktionen hier, im roten Zentrum, vor allem wenn man sie auf dem 6 Kilometer langen Kings Canyon Walk erlebt. Vom Parkplatz geht es zunächst an der Ostseite des Flussbettes steil etwa 100 Höhenmeter empor zum oberen Rand der Schlucht. Auf der Hochfläche mäandert der Pfad dann durch die "Lost City", einem verwirrenden Labyrinth enger Schluchten zwischen verwitterten Sandsteinklippen. Verwinkelte schmale Passagen, enge Durchlässe, begrünte kleine Plätze, die Assoziation einer mittelalterlichen Stadt geht glatt durch, zumal sich die auffallend schönen Blumen und kleinen Sträucher, die in den senkrechten Felsen wachsen, gut als Fassadenschmuck deuten lassen. Am Ende der "Stadt" ein Logenplatz der Extraklasse: Die Steigspuren nähern sich auf wenige Meter der Abbruchkante des Canyons. Dort geht es kompromisslos 100 Meter hinab zum ausgetrockneten Bett des Kings Creek. Die ebene Steinfläche mit dem Weg hört einfach auf. Von einem Zentimeter zum anderen ist nichts mehr, nur noch der Abgrund. Der erste Gedanke: Wo ist das Schutzgitter, wo das Drahtseil? Gibt's aber nicht. Hier ist Wildnis, und jeder mag selber entscheiden, ob er sich in die Nähe des Absturzes wagt und mit langem Hals einen Blick in die Tiefe riskiert, oder bäuchlings nach vorne robbt, um einem fallenden Stein nachzuschauen, wie er sich im Sturz scheinbar immer weiter von der überhängenden Wand entfernt, oder aber vom sicheren Weg aus die fantastische Aussicht genießt.

Auf die andere Seite der Schlucht führen abenteuerlich in die Felsen gebaute Holzstege und eine Brücke hoch über dem Flussbett. Man betritt eine andere Landschaft: Bunte Blumen und blühende Büsche verstreut über die roten Felsen, dazwischen Spinifextauben ohne Scheu vor den Menschen, ein leichter, warmer Wind, die weite Sicht und über allem der wolkenlose Himmel - "Garden of Eden" nennt sich dieses Fleckchen Erde. Die Namengeber haben da ein wenig übertrieben, denke ich, aber nicht allzu sehr.

Der Rückweg bietet noch einmal eine Mutprobe mit einem ähnlich spektakulären Tiefblick wie auf der gegenüberliegenden Seite. Dann wieder ein verschlungener Pfad zwischen bizarr verwitterten Felsen mit großen, blühenden Büschen und zwergigen, aber zum Teil grotesk verwachsenen Wüsteneichen. Nach vier Stunden erreicht man den Parkplatz, ein wenig müde, ein wenig hungrig, ein wenig ausgeglüht von der Sonne, aber zufrieden mit sich und der Welt.


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