5. Tag - Belize City - Bermudian Landing
mit dem Community Baboon Sanctuary der Brüllaffen



Belize City
Die Stadt, sie war nicht beliebt bei den Herren, die im Namen der Britischen Krone die Kolonie verwalteten. Sie nannten das Land Britisch Honduras und es barg keine Reichtümer sieht man vom Holzexport ab. Dafür galt das Klima als ungesund. Eine moderate Umschreibung für diverse Würmer und Maden, Typhus, Hepatitis, Leishmaniase, Cholera, dazu Dengue-Fieber und Malaria, die mit den Mücken aus den Sümpfen krochen.

Eigentlich war die Stadt hier auch nicht vorgesehen. St George's Caye die moskitofreie Insel vor der Mündung des Belize River sollte den Holzexport abwickeln. Der Warenumschlag an der Flussmündung erforderte aber eine größere Marktnähe. So entwickelte sich aus anfänglichen Lagerhallen, Unterkünften, Kontoren und Provisorien die Stadt im Sumpf. Eine alte Geschichte erzählt von Rumflaschen, die zu Tausenden in den labilen Untergrund eingebracht, die ersten Bauten vor dem Versinken im Morast schützen sollten.

Blauholz (Haematoxylum campechianum), das wichtigste Handelsgut um das es seit dem 17. Jahrhundert ging, erinnert im Wuchs an alte Weißdorn- oder auch Holunderbüsche. Es wächst als unscheinbarer, fast immer von Misteln befallener Busch mit bis zu schenkeldicken, stark verwinkelten Stämmen und Zweigen in den Sümpfen. Sein Holz ist hart wie Stein und brachte im Londoner Hafen 100 Pfund die Tonne, damals ein kleines Vermögen. Aus dem Kernholz der Stämme gewann man Substanzen zum Färben von Naturfasern und Leder in grauen, roten und blauen Tönen.

Es waren Abenteurer und Desperados die auf der Suche nach Blauholz die fieberverseuchten Sümpfe durchstreiften. Blauholz war ein derart profitables Produkt, dass auch die Seeräuber in ihrer "Freizeit" durch die Sümpfe zogen. Selbst Stars unter den Bukaniern vom Range eines Edward Teach alias Blackbeard, William Banister, Admiral Benbow oder Nicholas van Horn quälten sich ab und an durch die Wildnis auf der Jagd nach dem blauen Gold. 1670 besiegelten England und Spanien das Ende der karibischen Piraten - England entzog ihnen den Schutz. Die Bukanier saßen plötzlich ausweglos zwischen allen Stühlen, von jeder Seite winkten Strick und Galgen. Was tun? Man wechselte den Beruf, stieg ins Holzgeschäft ein. Viele zog es in die Kamps. Sie wurden Holzfäller, andere Händler. In London tauchten die Piratenschiffe auf ohne ihre alten Fahnen am Mast. Im Bauch der Segler das begehrte Holz aus der fernen Karibik.

Die aufkommenden Anilinfarben in der Mitte des 19. Jahrhunderts verdrängten in kürzester Zeit die Naturfarben. Indigo, Waid, Purpur, Weltmärkte mit hunderttausenden von Menschen stürzten ins wirtschaftliche Nichts. Hier hielt sich der Schaden in Grenzen. Die Blauholzbüsche waren ohnehin fast ausgerottet und man hatte längst auf Mahagoni umgestellt. Europa, voran England, aber auch das neureiche Amerika entdeckte sein Herz für Möbel und Einrichtung in den warmen Rottönen. Und in den Wäldern der Mosquito-Coast standen die alten Mahagoniriesen mit dem hochwertigsten Holz dieser Art weltweit. Ganze Schiffsladungen schwarzer Sklaven wurden von Jamaika angekarrt und zu den Glücksrittern und den Nachfahren der umgeschulten Piraten in die Camps gesteckt. Der Einschlag war enorm. Auf alten Bildern des Belizeriver drängen sich die wuchtigen Stämme auf ganzer Breite zwischen den Ufern.

Blauholz, Mahagoniriesen, man findet sie heute nur noch selten. Die Sümpfe sind geblieben. Wälder bedecken sie im Landesinneren und Ödland dort wo man Rodungen wieder aufgegeben hat. Um Belize-City große, verbuschte Brachflächen mit Pinienbeständen und den niederen Kalebassenbäumen. Auffallend eingestreute Gruppen von Everglades-Palmen mit ihren kaum mehr als armdicken Stämmchen. Sie vertragen die Brandrodung nicht besonders. Die Feuer dezimieren aber ihre natürlichen Feinde unter den Insekten so stark, dass die Palmen per Saldo gewinnen und großflächig Areale besetzen können. Die Pflanzen stehen dann als reine Monokultur dicht bei dicht. Ihre Nüsse sollen bei Prostataproblemen Wunder wirken, erzählt man uns.

Die Brackwasserzonen der Küste drängen mit ihren Mangroven kilometerweit ins Landesinnere, säumen die gesamte Küste von der Bahia de Corozal hoch im Norden bis Dangriga und noch weiter in den Süden. Ein undurchdringlicher Gürtel. Nur die Flussmündungen öffnen Schiffen den Weg ins Landesinnere. Und dieser Gürtel ist unzerstörbar: 1961 überschwemmte der Hurrikan "Hattie" Belize City, meterhoch und zerstörte sie völlig. Mehrere hundert Menschen verloren dabei ihr Leben. Den Fischern jedoch gelang es ihre Boote zu retteten. Rechtzeitig vertäut in den engen Kanälen der Mangroven überstand die kleine Flotte das Inferno unbeschadet.

Die Stadt selber, zu morbide um noch Charme zu haben. Da helfen auch einige liebevoll restaurierte Kolonialbauten nicht wirklich weiter. Warum soll man aber auch mehr als das Nötigste aufbauen wenn spätestens in 30 Jahren der nächste Hurrikan den lokalen Weltuntergang verspricht?

Community Baboon Sanctuary "Wir lieben doch unsere Affen..."
Ein bellendes Stakatto gutturaler Schreie, laut, kilometerweit alles übertönend: Hoch in den Baumwipfeln begrüßen die Brüllaffen mit ihrem heiseren Chor die aufgehende Sonne, so wie sie am Abend auch deren Untergang begleiten werden. Die Guatemala-Brüllaffen (Alouatta pigra) leben nur noch im Grenzgebiet von Mexiko zu Guatemala und eben hier in den Flussniederungen Belizes. Sie sind die größten Neuwelt-Affen und sie sind von der Ausrottung bedroht. Die allseitige Vernichtung der Urwälder entzieht ihnen die Lebensgrundlage.

Es waren Dr. Robert Horwich ein amerikanischer Zoologe, 16 Farmer, Finanzmittel vom World Wildlife Fund und die Erkenntnis einiger kreolischer Dörfer: "Baboon ya de fu we" (Wir lieben die Affen). Zu beiden Seiten das Belizeriver schufen sie das Community Baboon Sanctuary. Die Farmer bearbeiteten wie gewohnt ihre Flächen, schützten aber die Lebensräume der Affen. Weitere Landbesitzer stießen zu dem Projekt und vergrößerten das Schutzgebiet auf nunmehr 32 km entlang des Flusses. Ein immer stärker aufkommender Ökotourismus bringt Geld in die Region und die Affenpopulation stieg von ursprünglich 800 auf etwa 1200 Tiere. Man denkt bereits an Umsiedlungen ganzer Familienverbände aus dem Schutzgebiet in frühere Lebensräume der Brüllaffen. Ein unglaublicher Erfolg der Menschen die hier leben. Sie haben das alles vollkommen freiwillig erreicht, ganz ohne Gesetze und Strafandrohungen.

Unser Ranger drängt zur Eile. Die Affen verschlafen die Mittagshitze hoch oben versteckt in den Baumkronen und wir hätten dann keine oder doch schlechte Möglichkeiten sie zu beobachten. Durch den Raubbau über Jahrhunderte hinweg haben die Wälder sehr gelitten. Vor allem auf den trockeneren, sandigen Arealen der Küstenebene sehen sie schon mal aus, als hätte sie gerade ein Hurrikan gezaust. Der schlammige Pfad hier führt uns aber durch einen schönen, artenreichen Sekundärwald mit hohen Bäumen und viel Unterwuchs. Und dann sind sie plötzlich da: Dunkle Klumpen hoch in den Baumkronen, kaum erkennbar im Gewirre der Blätter und Äste. Aber der Ranger kennt seine Pappenheimer. Mit einem Büschel Blätter wedelnd und ihre Rufe nachahmend versucht er die Affen zu locken. Und die unterwegs gesammelten Leckerbissen wirken. Einige kommen langsam näher, schnappen sich aus äußerster Distanz die entgegengestreckten Zweige und verspeisen sie nach einem kurzen Rückzug in aller Ruhe, ohne sich an unserer Nähe zu stören


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