7. Tag - Mountain Pine Ridge Forest



Im Mountain Pine Ridge Forest
"Der unvermittelte Anblick des dichten Pinienwaldes, der an mediterrane Vegetation erinnert, gehört zu Belizes Besonderheiten". So steht es im Reiseführer. Und nun diese schlimmen Bilder. Kilometer um Kilometer ragen die abgestorbenen Bäume mit ihren verdorrten Ästen aus den Büschen des Unterwuchses und den wenigen jungen Kiefern, die für einen Neubeginn Hoffnung machen. Dazwischen großflächig Asche und angekohltes Holz, der letzte grüne Halm verbrannt in unbeherrschbaren Flächenbränden, die immer wieder von unvorsichtigen Campern entfacht werden.

Dutzende von Quadratkilometern sind betroffen, die ganze Hochfläche sieht so aus. Ein Borkenkäfer, der Southern Pine Beetle (Dendroctonus frontalis), ein aggressiver Verwandter unseres Buchdruckers hat hier ganze Arbeit geleistet. Der Hurrikan Mitchell, der 1998 die Küsten und Plantagen der Ebenen verwüstete, hinterließ hier auf der Hochfläche Unmengen an Bruchholz. Gesunden Bäumen können die Käfer wenig anhaben. Ihr verharzender Saft schließt rasch die Bohrgänge der Insekten. Aber die nur noch schwach harzenden niedergebrochenen Stämme boten den Schädlingen ideale Brutbedingungen. Es kam zu einer explosionsartigen Massenvermehrung, die ihre höchste Populationsdichte erreichte, als sich die Brutmöglichkeiten erschöpften. Alle geeigneten Stämme waren verbraucht - der Bast, die lebende Schicht zwischen Holz und Borke, zu Pinienkäfern metamorphiert.

Bei einer so extrem hohen Käferdichte können die Tiere aber auch gesunden Bäumen gefährlich werden. Hundert, Tausend, Zehntausend der angreifenden Plagegeister mögen mit harzverklebten Mandibeln und Beinen bei ihren Bohrversuchen zugrunde gehen. Der Baum wehrt sich, verliert aber durch die unzähligen kleinen Beschädigungen seines Leitungssystems mehr und mehr an Vitalität. Irgendwann gräbt das erste Männchen seine Brutröhre in den Bast des Baumes. Ein Weibchen legt Eier in die Kammer und die ausschlüpfenden Larven fressen breite Gänge quer in die Bastschicht. Die Leitbahnen der Bäume für Wasser und Nährstoffe fallen in diesem Bereich aus. Erfolgreiche Attacken häufen sich und in kurzer Zeit ist der Stamm maximal befallen. Alle paar Zentimeter ist ein kleines rundes Loch erkennbar, weit genug vom nächsten entfernt damit die fressenden Larven unter der Borke sich nicht ins Gehege kommen. Der Saftstrom wird komplett unterbrochen und der Baum verdorrt innerhalb weniger Wochen - er ist dann auch für die Käfer nicht mehr nutzbar.

Hier im Nationalpark findet man so gut wie keine alten Bäume mehr, aber auch kaum noch Borkenkäfer. Mit der Vernichtung des Waldes zerstörten die Insekten ihre Lebensgrundlage, und der ganze Spuk verschwand schneller als er gekommen war. Zahllose Tiere starben einfach, ohne sich weiter vermehren zu können. Die Käfer sind miserable Flieger, schaffen es nach dem Schlüpfen gerade mal bis zu den nächsten Bäumen. Getrieben von Stürmen erreichten aber große Schwärme die intakten Kiefernareale jenseits der Grenze in Guatemala. Ob dort die Bäume gewinnen oder doch wieder die Käfer - man kann es noch nicht sagen.

In der Folge einer so radikalen Dezimierung des Altholzbestandes wie im Pine Ridge Forest geschehen, kann es auf Jahrzehnte zum völligen verschwinden der Borkenkäfer kommen. Selbst überlebende Individuen kämpfen sich mühsamst von Generation zu Generation, bedrängt von Vögeln, Mykosen, Raubinsekten und vor allem von dem Fehlen geschwächter Altbäume, auf die sie angewiesen sind bei der Aufzucht ihrer Larven. Die sandigen Böden der Hochfläche sind so trocken und unfruchtbar, dass sie von Niemandem, auch nicht von den Mayas, je besiedelt wurden. Hier gedeiht einfach nichts außer Kiefernwald - beste Bedingungen für den aufkommenden Pinienjungwuchs. Er kann ungestört den neuen, alten Wald wieder aufbauen.

Gar nicht so einfach, angesichts der Baumskelette ohne emotionalem Kopfstand den ganz normalen biologischen Zyklus zu sehen und auch zu akzeptieren.


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