11. Tag - Bocavina Nationalpark
Die Ölpalmen (Cohune attalea)



Im Bocavina Nationalpark
Rast hoch oben am Hang. Wir lagern bei der großen Felsenplatte, an der das Wasser des Antelope-Falls seinen schäumenden Sturz beginnt: Ein Logenplatz mit freiem Blick über Schluchten, Hügel und die Küstenebene. Urwälder soweit man sehen kann. Strukturloses Schilfgrün überzieht die Ebene am Horizont. Mit zunehmender Nähe schälen sich mehr und mehr Details aus der Unschärfe, und die unmittelbare Nähe erst zeigt den Wald in all seinen Fassetten an Formen und Farben. Knapp drei Stunden folgten wir dem schmalen Pfad, und so richtig anstrengend war das eigentlich nicht. Bin aber schweißgebadet, habe keinen trockenen Faden mehr am Leibe. Selbst die Hosenbeine sind völlig nass. Und jetzt die frische Luft, die kühlen Steine, das sprühende Wasser. Nach der drückend schwülen Hitze im Wald mit dem nervenden Sirren der allgegenwärtigen Moskitos ein Platz, so richtig zum Genießen und nicht mehr Weitergehen.

Wir sind dann auch nur noch vier Mann, die sich aufmachen zu einem Pool "weiter oben und so groß, dass man richtig schwimmen kann". Ein sehr steiler Trampelpfad über schmierige Felsen und eine abschüssige Querung bringen uns oberhalb der Felsstufe zurück zum Bach. Das Gelände ist hier deutlich flacher. Weglos balancieren wir auf den Blöcken zwischen Wasser und Vegetation, und dann unvermittelt der Teich: Kristallklares Wasser, schimmernde Farben, grün, blau, schwarz und der weiße Schaum, den ein kleiner Wasserfall über die gekräuselte Oberfläche treibt. Ein dichtes Blätterdach beschattet den größten Teil des Pools, taucht ihn in geheimnisvolles Licht.

Eigentlich habe ich Badehose und Handtuch im Rucksack und die Anderen schwimmen längst. Schwierige Entscheidung: Kopfsprung in die luxuriöseste Badewanne die ich je sah, oder weiter schwitzend an ihrem Rande herumhampeln, auf der Jagd nach guten Motiven. Letztendlich versuche ich dann doch gegen Zweige und moosige Blöcke um mein Gleichgewicht kämpfend, den Zauber und die Schönheit des Ortes mit der Kamera einzufangen. Das ganze Ensemble ist unglaublich. Ich denke, hätte es jemand künstlich so gebaut, man würde es ein wenig übertrieben, ein wenig kitschig finden.

Die Ölpalmen (Cohune attalea)
Wie viele es hier sind weiß ich nicht, aber Brasilien exportiert immer noch jährlich (Stand 2002) rund 60.000 Tonnen Öl, gepresst aus den Nüssen der Cohune-Palmen. Vor zwei Tagen, im Cockscomp Basin Wildlife Sanctuary fanden wir diese Palmen. Sie standen einzeln und in Gruppen. An riesigen, aus den Kronen hängenden Zapfen drängten sich dicht an dicht Nüsse, groß wie Hühnereier und mit knallharter Schale. Die Biomasse dieser Samen ist enorm. Geerntet werden sie nicht mehr. Festgetreten bedeckten sie nun an manchen Stellen unseren Weg wie eine Pflasterung.

Auch heute sind die Palmen wieder da. Unten am flachen Talboden begleiten sie unseren Weg: Zeugen ausgedehnter Kulturen früherer Tage, als sie wirtschaftlich große Bedeutung hatten. Die Pressrückstände, der Treber als Viehfutter und natürlich das wertvolle Öl sicherten gute Erträge. Das große Geschäft aber boten die Schalen der Nüsse. Zu hochwertiger Holzkohle verschwelt und feinstem Pulver zermahlen lieferten sie einen begehrten Ausgangsstoff für die Schwarzpulverproduktion.


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