7. Tag - Fahrt von Loja nach Cuenca - Stadtbummel
und Bauernmarkt bei der Catetral de la Immaculada



Auf der Panamericana von Loja nach Cuenca
Saraguro ein Dorf ca. 60 km nördlich von Loja. Alle sind aufgekratzt, fesch angezogen und gut drauf. Nachmittags startet ein großes Dorffest. Die Saraguro sind auffallend freundliche, offene Menschen, aber leider machen sie unisono davon eine Ausnahme bei fotografierenden Touristen. Der Stamm lebte ursprünglich am Titicacasee und wurde im 15. Jahrhundert von den Inka in diese Gegend umgesiedelt. Ihre Tracht in strengem Schwarz peppen sie zu besonderen Anlässen, wie dem sonntäglichen Markt oder auch dem heutigen Fest mit einem hellen, gemusterten, breitkrempigen Sombrero auf. Die meisten der Saraguros leben von der Landwirtschaft, so wie ihre Väter und Großväter und alle Generationen davor vom Ertrag ihrer Felder lebten.

Unser Bus ist neu, geräumig und stramm gefedert, die Panamericana schlecht, staubig und voller Schlaglöcher. Der Fahrer versucht die ärgsten Gruben zu umkurven, die Hinterräder rumpeln aber meist voll durch die Krater. Wenn's ganz schlimm wird stehe ich den Vordersitz umklammert in Abfahrtshocke zwischen den Sitzen und versuche wie ein Skirennläufer die Schwankungen und Schläge mit den Beinen abzufedern. Die Eindrücke aus dem fahrenden Bus sind flüchtig. Ein Kaleidoskop vorbeihuschender Bilder: Plakativ, unverstanden, ohne Geschichten und ohne Erinnerung, tauglich allenfalls für gedankenlosen Zeitvertreib. Vielleicht sollte man versuchen trotz des Gerumpels auch ein wenig zu dösen, so wie es der eine oder andere Mitreisende macht.

Boxenstop, alles raus. Und schlagartig werden die nichtssagend, vorbeieilenden Eindrücke zur sinnlich erlebten Wirklichkeit: Der Himmel wolkenverhangen, eine ocker-grüne Grasfläche bedeckt die Hügeln und Mulden bis zum Horizont. Wie von einem Ästheten über das Land verstreut riesenhafte Fruchtstände von Erdbromelien. Alles durchdringend das seltsam klare Licht der großen Höhe. Der kräftige, fast böenlose Wind verstärkt noch den fremden, elitären Eindruck der Landschaft. Man reiche mir die Panflöte, ein Lama und drei kreisende Condore am Himmel.

Cuenca
In Cuenca verweigert ein Teil der Gruppe dem offiziellen Programm die Gefolgschaft und läßt die Blümchentour im Nationalpark Las Cajas ausfallen. Zum einen schrecken die tiefhängenden Regenwolken, zum anderen lockt das luxuriöse Hotel mit seinen Annehmlichkeiten. Wir, eine kleine Gruppe unter der Führung von Frau Kallass, machen einen Bummel in die schöne Altstadt. Der kleine Monitor in meiner Kamera ist der Hit. Vor allem die Kinder, aber auch viele der sonst recht fotoscheuen Frauen lassen sich von den Bildchen bestechen. In den Straßen und am Gemüsemarkt bei der Kirche San Francisco kann ich so fast alles und jeden knipsen.

Die Altstadt, das historische Zentrum des ganzen Südens, zeigt noch immer beeindruckende Zeugnisse kolonialer Architektur und Kunst. Die alten Häuser mit den bemalten, stuckverzierten Wänden, geschmiedeten Balkonen aus Grenada und schweren Türen und Fensterläden erzählen vom Reichtum des 18. und 19. Jahrhunderts, der auf den fruchtbaren Böden der Flußtäler und in den Goldminen des Gualaceo erwirtschaftet wurde. Museen, Kirchen, Klöster, schöne Plätze, hier vor allem der Placa Abdón Calderón mit der Kathedrale El Sagrario aus dem 16. Jahrhundert und dem 1885 begonnenen dominanten Backsteinbau der neuen Catedral de la Inmaculada. 10.000 Menschen sollen in der marmorverkleideten Halle mit den schönen Glasfenstern Platz finden. Über dem Kirchenschiff drei riesige Kuppeln mit blauen Dächern. Die Türme neben dem Portal sind unvollendet. Sie künden vom Dilemma ihres Erbauers, dem schwäbischen Architekten Padre Johann Babtist Stiehle (1829-99). Der gute Padre hat sich ein wenig vertan, mit der Statik und dem Boden, höher ging's nicht mehr, wenn das Ganze nicht wieder umfallen sollte.

In einem weiten, fruchtbaren Becken gelegen mit abbaufähigem Flußgold hat Cuenca eine lange und wechselhafte Geschichte. Ursprünglich ein Zentrum des reichen Fürstentums der Cañari, das sich über weite Teile der heutigen Provinzen Cañar und Azuay erstreckte, wurde die Stadt 1470 von den Inka vernichtet und als Tumipamba am nördlichen Ufer des Flusses wieder aufgebaut. Atahualpa startete nach seinem Sieg im Bruderkrieg (1527-33) eine Strafaktion und die Stadt brannte wieder. Die Bevölkerung stand im Krieg auf der falschen Seite. Kurz darauf erschienen die Spanier und brannten aufs Neue nieder was noch stand oder schon wieder stand. 1557 gründete Gil Ramirez Dávalos im Auftrag des Fizekönigs von Lima auf den Trümmern nach spanischem Muster die neue Stadt unter dem Namen Santa Ana de los Rios de Cuenca (nach den 4 Flüssen in der Nähe). Am Ufer des Rio Tomebamba, an der Kirche Todos los Santos, findet man in einer kleinen Ausgrabungsstelle Reste einer kolonialen Mühle und Inkabauten mit zum Teil fugenlos geschichtetem Mauerwerk. Öffentlich nicht zugänglich, betreibt die Banco Centrale Pumapungo eine bedeutende Ausgrabung. Es ist der Palast und Sonnentempel Huayna Cápacs des Vaters von Atahualpa.

Unser wunderschönes Hotel hat keine Treppen, nur Aufzüge verbinden die Etagen mit dem Erdgeschoß. Ich bekomme ein Zimmer im sechsten Stock. Der ausgeschilderte Fluchtweg leitet zu einer Tür, die sich auch öffnen lässt: Man steht übergangslos in der Fassade hoch über der Straße. Vor dem Abgrund trennt nur ein hüfthohes Gitter und dahinter ein Halbmeter breiter Sims, der ohne weitere Absicherung an der Fassade entlang führt.


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